Geschichte

Die Stange-Mühle zu Brößnitz

Die Stange-Mühle in Brößnitz kann auf eine lange Historie zurückblicken. Erstmalig wurde die Stange-Mühle als Wassermühle mit Teich und Abfluß für das Jahr 1444 schriftlich erwähnt. In den Kirchenunterlagen ist die Geburt des Valten Stange am 22.04.1683 belegt. Sein Vater war Hans Stange. Aus der Verbindung des Valten Stange mit Maria Horgen aus dem Ort Gröden entstand ein Sohn, Johann Stange. So wurde bis ins Jahr 1947, als mein Vater Konrad Stange die Stange-Mühle übernahm, die Mühle und die dazugehörende Landwirtschaft immer wieder an einen männlichen Erben übergeben.
Im Zeitraum 1700 - 1800 waren die Besitzer der Stange-Mühle Johann Gottfried Stange - gefolgt vom Sohn Johann Gottlob Stange. Beide bewirtschafteten mit ihren Familien den Hof, betrieben die Wassermühle und waren gleichzeitig Richter. Wesentlich zu dem Aussehen der heute unter Denkmalschutz stehenden Stange-Mühle beigetragen hat mein Großvater, Herrmann Stange. Er ließ den Vierseithof erbauen.
Zum Wohngebäude mit Mühle, Stallgebäude und Scheune kamen das schön gestaltete Auszugshaus und der Scheunenanbau, welche dann den geschlossenen Vierseithof ergaben. Es war auch Herrmann Stange, der die bis dahin mit einem oberschlächtigen Wasserrad betriebene Mühle modernisierte. 1927 ließ er das Wasserrad durch eine Francis-Spiralturbine ersetzen.

1952 wurde mein Vater durch die kommunistischen Machthaber enteignet und unschuldig in das berühmt berüchtigte Gefängnis in Bautzen eingesperrt. Die Familie hatte keine Existenzgrundlage mehr, sie wurde zerstört. Damals 4 Jahre alt, erinnere ich mich sehr bewusst an dieses schlimme Jahre 1952. Ich sehe meine Mutter immer noch mit dem dicken Bauch, in dem mein Bruder war, zitternd vor mir stehend die Worte zu mir sagen:"Sie kommen schon wieder, sie nehmen uns alles!".
Meine Mutter gab mir eine Schüssel mit etwas Essbarem, das ich auf dem Teichdamm verstecken sollte. Ich kletterte mit meinen kurzen Beinen aus dem Küchenfenster und fiel in eine großen Brennnesselhaufen. Ich habe keinen Mux von mir gegeben, das Brennen spüre ich heute noch. Die Stange-Mühle wurde nun sozialistisch verwaltet, die Gebäude fürchterlich heruntergewirtschaftet, die Mühle für`s Schrottsoll ausgeschlachtet. Sie führte bis zur Rückübertragung im Jahr 2000 ein gar jämmerliches Dasein.

Meine Mutter hat kurz vor ihrem Tod vor dem Fernseher die Öffnung der innerdeutschen Grenze miterlebt. Sie hat gesehen, wie Menschen aus Ost und West die Grenze überwanden. Sie hat mich gebeten, mich um die Mühle in Brößnitz zu kümmern. Das habe ich getan. Zusammen mit meinem Mann sanierte ich die kurz vor dem Einsturz stehenden Gebäude. Die noch existierenden Antriebsanlagen der Mühle, die Turbine etc., möchte ich instand setzen und den Hof für einen naturnahen sanften Tourismus öffnen.
Anzumerken wäre vielleicht noch, dass ich der 1. weibliche Nachkomme aus der Familie Stange bin, der die Stange-Mühle sein Eigentum nennen darf. Die Stange-Mühle wird hoffentlich noch lange existieren. Es wird auch immer ein direkter Nachkomme der Familie sein, der sie besitzen wird, aber eben kein Stange-Müller mehr.

 
Brößnitz, anno 2005
Christina Klausch, geb. Stange